Überforderung im Unterricht ist ein Thema, das viele Lehrkräfte kennen – sowohl auf Seiten der Schüler*innen als auch bei sich selbst. Allerdings wird eher selten offen darüber gesprochen, da diese als eine Art Versagen gilt – betroffen sind fast alle – unterschiedlich häufig.
Die Ursachen sind vielfältig: Ein voller Klassenalltag, steigende Anforderungen, organisatorischer Druck, emotionale Belastung sowie wenig Wertschätzung. Oftmals ist es für Lehrkräfte ganz normal und üblich, mit überforderten Schülern*innen umzugehen. Wie sieht es aber mit der eigenen Überforderung aus? Wie kann dieser entgegengewirkt werden? Bzw. wie können Lehrkräfte einen liebevollen Umgang mit sich selbst etablieren, um einer Überforderung Raum zu geben.
WICHTIG!
Überforderung ist kein persönliches Scheitern, sondern eine ganz normale, menschliche Reaktion auf eine hohe Belastung.
Wenn Lehrkräfte überfordert sind, wirkt sich das unmittelbar auf das Lern- und Klassenklima aus. Davon werden ebenfalls die Motivation sowie das Verhalten betroffen sein:
Situation – ein Gedanke, der daraus folgt – Reaktion (emotional, Verhalten und körperlich)
Mit gezielten Strategien lässt sich Überforderung früh erkennen und ein wirksames Entgegenwirken ist möglich.
In diesem Artikel erfahren Sie, woran Sie Überfordserung erkennen, woher sie kommt, und was Sie als Lehrkraft sofort und langfristig tun können, um einen entspannten und förderlichen Unterricht zu gestalten.
1. Warum fühlen sich Lehrkräfte im Unterricht überfordert?
Überforderung hat viele Ursachen. Typische Gründe sind:
a) Sehr hohe emotionale Erwartungen
Lehrkräfte tragen oft den Anspruch, „für alle da zu sein“, Probleme zu lösen, Konflikte zu moderieren und gleichzeitig unterrichtlich sehr gut abzuliefern.
b) Eine hohe Arbeitsdichte und wenig Pausen
Unterricht, Aufsicht, Elterngespräche, Korrekturen, Dokumentation – der Tag ist voll, und die Zeit zum Durchatmen fehlt sehr häufig.
c) Heterogene Klassen
Sehr unterschiedliche Lernstände, Verhaltensauffälligkeiten sowie individuelle Bedürfnisse der Schüler*innen erhöhen den Druck im Unterricht,
d) Störungen und Unruhe
Selbst gut geplante Stunden können „ kippen“ wenn Unruhe aufkommt oder Schüler*innen Unterstützung brauchen.
e) Der Anspruch, alles „richtig“ zu machen
Viele Lehrkräfte sind sehr engagiert und nehmen Schwierigkeiten persönlich – dies erzeugt zusätzlich Druck.
2. Woran erkennen Sie, dass Sie überfordert sind?
Überforderung zeigt sich in (kleinen) Warnsignalen:
- Ein schneller Puls und angespannte Schultern
- Das Gefühl, „nicht mehr hinterherzukommen“
- Gereiztheit oder fehlende Geduld
- Gedanken wie „ich schaffe das nicht“
- Probleme, den Überblick zu behalten
- Perfektionismus oder das Gefühl von Kontrollverlust
- innerer Rückzug und/oder emotionales „Abschalten“
Je früher Sie diese Signale erkennen und ernst nehmen, umso besser können Sie handeln.
Was können Sie sofort tun, um eine Überforderung im Unterricht zu reduzieren?
1) Atmen und kurz inne halten
Ein tiefer Atemzug – drei Sekunden ein – sechs Sekunden aus – wirkt sofort regulierend.
Manchmal braucht es nur eine Mini-Pause, um wieder handlungsfähig zu werden.
2) Laut denken: „Ich sortiere kurz…“
Wenn Sie überfordert sind können Sie transparent sagen:
„Ich nehmen mir einen Moment, um zu schauen, wie wir weiterarbeiten, so das alle gut mitkommen können“
Das wirkt professionell und entlastet.
3) Das Tempo reduzieren
Es ist völlig in Ordnung, Aufgaben zu vereinfachen, Zeit zu verlängern oder Schtritte zu kürzen. Es wird immer Aufgaben geben, die dafür weniger Zeit in Anspruch nehmen. Dadurch wird keine Zeit verloren.
4) Routinen nutzen
Je mehr Routinen greifen, desto weniger müssen Sie spontan entscheiden.
Beispiele:
- Feste Start- und Endrituale
- Klare Signale für Ruhe (am besten, mit der Klasse zusammen auswählen)
- Eingespielte Gruppenarbeitsregeln
- Struktur, an der sich Schüler*innen orientieren können
- Eigene Struktur mit „Puffern“
5) Verantwortung abgeben
Lassen Sie Schüler*innen helfen:
- Materialien ausstellen und verteilen,
- Ergebnisse zusammenfassen,
- Timer stellen,
- mit für Ruhe sorgen
Das stärkt die Klasse und entlastet Sie.
6) Den Fokus setzen
Wenn alles gleichzeitig laut wird, dann hilft die Frage:
„Was ist JETZT das WICHTIGSTE?“
Alles andere kann kurz warten.
Was können Sie langfristig tun?
1) Grenzen setzen
Nicht jeder Konflikt im Unterricht muss perfekt gelöst werden.
Nicht jedes Arbeitsblatt muss selbst gestaltet sein.
Nich jede Anfrage braucht sofort eine Antwort.
2) Materialien wiederverwenden
Bewährte Stunde? Wiederholen (allerdings ohne der Anspruch, wieder so super zu werden)
Gutes Arbeitsblatt! Aufbewahren!
Reduktion ist kein Qualitätsverlust.
3) Kollegiales Netzwerk nutzen
Austausch über Inhalte, gemeinsame Planung, Materialaustausch und entlastende Gespräche können viel helfen.
4) Eigene Erwartungen realistisch halten
Ich muss nicht immer stark sein – niemend ist immer stark
Ich muss nicht alles im Griff haben – es gibt gute und weniger gute Tage
Ich darf Fehler machen und deine Energie schützen – Fehler sind menschlich
5) Achtsamkeits- und Stresskompetenz stärken
Regelmäßige Kurzübungen wie Atemtechnik, Microbreaks, Körpergefühl entwickeln oder bewusste Pausen erhöhen die Stressresilienz enorm. Allerdings wie ein Training – durch Wiederholungen – auch in stressfreien Zeiten.

